Das Alter kann kommen
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kritischer Moment

5/11/2017

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Gestern sind mein Mann und ich früh aus dem Haus, um wandern zu gehen. Auf dem Bahnhof wollte ich für mich schnell ein Anschlussbillett aus dem Automaten lösen, was aber nicht klappte, weil ich die entsprechende Funktion einfach nicht finden konnte. Das machte mich hässig, denn wir wollten den Zug noch erwischen und verpassten ihn prompt. Ich  spürte Wut in mir aufsteigen. Mein Mann hingegen fand es nicht besonders schlimm, was mich noch mehr ärgerte. Ich realisierte auch, dass ich mich bereits auf der Fahrt zum Postauto ein bisschen über ihn geärgert hatte. Zwischen uns war es nicht so, wie ich es mir wünschte und vorgestellt hatte: es spannte. Nachdem es doch noch klappte mit dem Billettlösen,  versuchte ich von dem Ernährungs-Vortrag zu erzählen, den ich mir am Vorabend via Internet angehört hatte. Ich dachte, mich würden einige Aussagen der Ärztin beschäftigen. Mein Mann ärgerte das, weil er genau wusste, dass es nicht um den Vortrag, sondern um irgendein Gefühl ging, welches ich nicht richtig zulassen konnte.
Da war er nun, der kritische Beziehungsmoment, den wir nur allzugut kannten. Ich hätte mich ärgern können, weil mein Mann sich nicht für meine Gedanken interessierte, ich hätte ihm das sagen können, hätte ihm Vorwürfe machen können, er hätte darauf mit Wut reagiert und wir wären in nullkommanichts in einem echten Streit gelandet. Wir hätten uns gefetzt, es hätte auch Tränen gegeben, ich hätte Gelegenheit gefunden, meine Gefühle rauszulassen. Ich hätte zum Schluss gemerkt, dass das, was mich wirklich bedrückte gar nichts mit der Beziehung zu tun gehabt hatte.
Das war früher so.
Heute, nach 26 Jahren Partnerschaft und 20 Jahren Ehe, sind wir (meistens) so weit, dass wir beide wissen, dass wir uns lieben, dass es nicht um Vorträge oder die falschen Hosen, das nicht gelöste Billett oder den zu dicken Bauch geht - nein - meistens geht es darum, dass man nicht akzeptiert, was momentan ist. Ich wollte einen Ausflug machen und mich nicht schlecht fühlen, ich wollte es schön haben und nicht Probleme wälzen. Schwupps war ich schon auf dem besten Weg genau das zu bekommen. Nun kam der Moment, wo das bewusste Denken uns wirklich helfen kann. Wir sagten beide, dass es nicht um die Beziehung geht, sondern darum, den Moment, wie er gerade ist, anzunehmen. Vor allen Dingen geht es darum auch die Gefühle so zu akzeptieren, wie sie sind. Die Spannung zwischen uns löste sich. Wir verbrachten einen schönen, sonnigen Wandertag.
Obwohl unsere Liebe immer schon stark war und uns durch viele Schwierigkeiten getragen hat, ist unsere Beziehung gewachsen und freier geworden. Ich habe das Glück, dass ich mich neben, durch und mit meinem Mann entfalten kann. Dazu haben wir viel Zeit gebraucht. Trotzdem würde niemand abschätzig sagen, dass die Beziehung alt sei. Im Sinne von ausgelaugt, abgenutzt, nicht mehr viel wert.

Wie wäre es, wenn wir das Alter mehr als eine wachsende, reifende Beziehung zu uns selbst sehen würden?
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